1988 fand auf Initiative des Goethe-Instituts Osaka eine groß angelegte Aktion statt: 100 der renommiertesten Künstler:innen der Zeit wurden angefragt, einen traditionellen japanischen Flugdrachen zu bemalen, unter ihnen auch die Gutai-Künstler:innen Atsuko Tanaka und Kazuo Shiraga. Shiraga malte seine großformatigen Bilder oft mit den Füßen, an Seilen hängend, in direktem körperlichem Kontakt mit dem Bildträger – entsprechend der Übersetzung der Schriftzeichen im Gruppennamen Gutai: „Gu“ als Werkzeug und „tai“ als Körper. In spektakulären Aktionen im öffentlichen Raum plante Gutai groß angelegte Experimente mit Farbe und Material und nahm so Begriffe wie Happening und Performance vorweg, lange bevor sie in den Kunstkanon Einzug fanden.

Kazuo Shiraga (1924–2008)

Höhenflug, 1987/1988

Aktuell Ausgestellt: Ja (Raum: From Zero to Action)

Material: Japantusche und Acryl auf Japanpapier, auf Seide aufgelegt
Größe: 214,5 x 214,5 x 6,5 cm
Inv-Nr.: B_551

Schlagworte:

Provenienz

Ankauf: Sammlung Reinhard Ernst, Nagel Auktionen GmbH, 2022

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1988 fand auf Initiative des damaligen Direktors des Goethe-Instituts Osaka, Paul Euben, eine groß angelegte Aktion statt: 100 der renommiertesten Künstler:innen der Zeit wurden angefragt, einen traditionellen japanischen Flugdrachen zu bemalen. Unter den Künstler:innen waren auch die Gutai-Künstler:innen Atsuko Tanaka und Kazuo Shiraga. Shiraga entschied sich für die in der Region Shikoku übliche Form des „Tosa“-Drachens — ein auf der Spitze stehendes Quadrat mit Bambusstangen auf der Rückseite, die zum Transport weggeklappt werden können, so dass die Fläche faltbar ist. Hergestellt ist er aus „washi“, traditionellem japanischen Papier, besonders reißfest und gleichzeitig saugfähig.
Der spontane und expressive Umgang mit Acrylfarbe und Tusche resultiert aus der speziellen Technik Shiragas, die Farbe aufzutragen. Später malte er seine teils großformatigen Bilder mit den Füßen, teilweise an Seilen hängend, in direktem körperlichem Kontakt mit dem Bildträger. Der Körper wurde so zum Malwerkzeug, wie in der Übersetzung der Schriftzeichen im Gruppennamen Gutai abzulesen ist: „Gu“ als Werkzeug und „tai“ als Körper. In der Kombination lässt sich „Gutai“ mit „konkret“ übersetzen. In spektakulären Aktionen im öffentlichen Raum plante Gutai groß angelegte Experimente mit Farbe und Material und nahm so Begriffe wie Happening und Performance vorweg, lange bevor sie in den Kunstkanon Einzug fanden. Kazuo Shiraga zählte zu den Gründungsmitgliedern der Vorgängergruppe ZERO-kai, die erst 1955 in Gutai überging. Mit seiner Aktion Challenging Mud bei der ersten Gutai Ausstellung in Tokio im Oktober 1955 wurde er bekannt, als er sich im Schlamm wälzte und seinen Körper so zum Pinsel werden ließ. In der Nachkriegszeit Japans war das ein revolutionärer Akt – der Bezug auf den individuellen, sinnlichen Körper (nikutai) war eine Absage an den faschistisch ideologisierten Kollektivkörper (kokutai), der im Zweiten Weltkrieg als nationales Gemeinwesen beschworen wurde.