„Wenn ein Bild eine leere Fläche auf der Leinwand braucht, um auf eine bestimmte Weise zu atmen, dann lasse ich sie leer“, sagte Helen Frankenthaler 1965, ein Jahr bevor sie One O’Clock malte. Frankenthaler arbeitete auf dem Boden und schüttete verdünnte Farbe auf ungrundiertes, loses Gewebe. In dieser Zeit wechselte sie von Ölfarben zu Acrylfarben, da diese schneller trocknen und sie mit ihrer sogenannten Soak-Stain-Technik leuchtende Farbtöne erzielen konnte. Erst in einem zweiten Schritt wählte sie nach dem Malprozess den endgültigen Bildausschnitt aus und spannte die Malerei auf Keilrahmen auf.

Helen Frankenthaler (1928–2011)

One O’Clock, 1966

Aktuell Ausgestellt: Ja (Raum: Farbe hoch drei)

Material: Acryl auf Leinwand
Größe: 238,8 x 196,2 cm
Inv-Nr.: B_487
Bildrechte: VG Bild-Kunst, Bonn; Copyright: Helen Frankenthaler Foundation, New York

Schlagworte:

Provenienz

Vorbesitz: André Emmerich Gallery, New York; Albert F. Weis, Savannah; Acquavella Galleries, New York; Privatsammlung; Sotheby´s, New York, 1988; Privatsammlung
Ankauf: Sammlung Reinhard Ernst, Christie’s, New York, 2019

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In einem Interview im Jahr 1965 erzählte Helen Frankenthaler dem Kurator Henry Geldzahler: „Wenn ein Bild eine leere Fläche auf der Leinwand braucht, um auf eine bestimmte Weise zu atmen, dann lasse ich sie leer“, und fügte hinzu: „Das ist ein Aspekt des Verzichts auf die eigene ‚malerische Handschrift‘.“ [1] In dem bemerkenswert reduzierten One O’Clock, das ein Jahr später entstand, verlaufen alle gemalten Elemente an den Rändern der Leinwand. Die einzige aktivierte, weiße Fläche inmitten der Leinwand wird von einer Form am linken Rand gespiegelt. Angesichts der Leere auf dem Gemälde ist nachzuspüren, was Frankenthaler im Interview zu beschreiben versuchte. Ein Blick auf ein Atelierfoto, das Alexander Liberman im Jahr der Entstehung aufnahm, verrät, dass One O’Clock anfangs zusätzliche Formen auf der rechten Bildseite enthielt. Frankenthaler arbeitete auf dem Boden und schüttete verdünnte Farbe auf ungrundiertes, loses Gewebe. In dieser Zeit wechselte sie von Ölfarben zu Acrylfarben, da diese schneller trocknen und sie mit ihrer sogenannten Soak-Stain-Technik (dt. tränken und einfärben) leuchtende Farbtöne erzielen konnte. Erst in einem zweiten Schritt wählte sie nach dem Malprozess den endgültigen Bildausschnitt aus und spannte die Malerei auf Keilrahmen auf. Das Hinzufügen oder Entfernen von Farbformen trägt letztlich entscheidend dazu bei, ob im Bild Spannung oder das Gefühl von Freiraum und Atem entsteht.

Literaturverweise

[1] Helen Frankenthaler, zit. nach: Henry Geldzahler, „An Interview with Helen Frankenthaler“, in: Artforum Nr. 2, 1965, S. 38.