Die drei Schwünge in Gelb, Schwarz und Blau wirken wie schnell gesetzte Gesten des Künstlers. Doch handelt es sich um eine Art „kalkulierte Spontanität“, da Hans Hartung seine Bildkompositionen vorab entwirft. Den Malvorgang befeuern zahlreiche Materialexperimente mit Aerosolen, Sprühfarbe, diversen Bürsten, Rollen, Besen, Schabern, Kratzern und Fächern. Seine Malerei wird von dem Interesse an einer in der Natur innewohnenden Dynamik angetrieben, die sich in Form von Blitzen, Lichterscheinungen oder Wolkenbildungen zeigt. In T 1971-H15 erinnert die kontrollierte Setzung der drei Formen an das Schreiben von Schriftzeichen. Bereits in den Werken, die zu Beginn der 1920er Jahre entstehen, lassen sich kalligrafische Elemente beobachten – auch wenn es nicht nachweisbar ist, wann Hartung mit ostasiatischer Kalligrafie in Kontakt kam.

Hans Hartung (1904–1989)

T 1971-H15, 1971

Aktuell Ausgestellt: Ja (Raum: Malerei maßlos)

Material: Acryl auf Leinwand
Größe: 154 x 250 cm
Inv-Nr.: B_091
Bildrechte: VG Bild-Kunst, Bonn

Schlagworte:

Provenienz

Vorbesitz: Galerie de France, Paris, 1971; Privatsammlung, Paris
Ankauf: Sammlung Reinhard Ernst, TAJAN, Paris, 2010

Ausstellungsliste

Einzelausstellungen:
1971
„Hans Hartung“, Galerie de France, Paris, Frankreich
„Hartung, Grands formats 1961-1971“, Fondation Maeght, Saint-Paul-de-Vence, Frankreich

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Nach seinem Studium bei Maler und Restaurator Max Doerner an der Akademie in München, zog Hans Hartung 1932 nach Paris. Seine Malerei wird von dem Interesse an einer in der Natur innewohnenden Dynamik angetrieben, die sich in Form von Blitzen, Lichterscheinungen oder Wolkenbildungen zeigt.

Bereits in den Werken, die zu Beginn der 1920er Jahre entstehen, lassen sich kalligrafische Elemente beobachten – auch wenn es nicht nachweisbar ist, wann Hartung mit ostasiatischer Kalligrafie in Kontakt kam. Die kalligrafische Qualität zeigt sich in der spontanen, energetischen und schnellen Pinselführung, die Hartungs Kompositionen bestimmt. Seine Arbeiten sind Zeugnisse bewusst erlebter Bewegungsabläufe und Energien und zählen zum Informel, der künstlerischen Parallelbewegung aus Frankreich zum abstrakten Expressionismus aus den USA.

Die drei Schwünge in Gelb, Schwarz und Blau wirken wie schnell gesetzte Gesten des Künstlers. Doch handelt es sich um eine Art kalkulierte Spontanität, da Hartung seine Bildkompositionen vorab entwirft. Seinen Malvorgang befeuern schließlich zahlreiche Materialexperimente mit Aerosolen, Sprühfarbe (mit Hilfe eines umgebauten Staubsaugers), Bürsten, Rollen, Besen, Schabern, Kratzern und Fächern. In den 1960er Jahren setzt sein Spätwerk ein, dass die Entindividualisierung des künstlerischen Ausdrucks fortführt. Die Bezeichnung T 1971–H15 im Werktitel der Arbeit verweist mit dem Buchstaben T auf „Tableau“, das Tafelbild, und gibt zudem eine Folge aus Buchstaben und Zahlen an, die unter anderem für das Entstehungsdatum steht. Tatsächlich malte Hartung stets im Sitzen an der Staffelei und nie am Boden, wie viele seiner Zeitgenossen. Als Kriegsversehrter, der im Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland vor Belfort ein Bein verloren hatte, blieb ihm die Möglichkeit verwehrt. 1972 ließ er sich in Antibes nieder, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1989 lebte und arbeitete.