Künstlerisches Arbeiten entspricht bei Otto Piene der Forschung über Farben, Verbrennungsvorgänge und später auch Luftbewegungen. Kreisförmig in der Mitte gezielt herausgebrannt, gibt ohne Titel von 1972 frei auf eine darunter liegende tiefblaue Fläche. Die Künstler von ZERO arbeiteten immer wieder mit dem Motiv des Kreises als Symbol der Leere und des Unendlichen. Otto Pienes Annahme einer starken Verbindung von Kunst und Natur zeigte sich auch in seiner späteren Arbeit als Direktor des Center for Advanced Visual Studies am Massachusetts Institute for Technology (MIT).

Otto Piene (1928–2014)

Ohne Titel, 1972

Aktuell Ausgestellt: Ja (Raum: From Zero to Action)

Material: Acryl und Feuergouache über Serigraphie auf Karton über blauem Karton
Größe: 146,4 x 97 cm
Inv-Nr.: B_298
Bildrechte: VG Bild-Kunst, Bonn

Schlagworte:

Provenienz

Ankauf: Sammlung Reinhard Ernst, Grisebach, Berlin, 2013

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Die Arbeit ohne Titel von Otto Piene aus dem Jahr 1972 gehört zu seinen Feuerbildern. Kreisförmig in der Mitte gezielt herausgebrannt, gibt es den Blick frei auf eine darunter liegende tiefblaue Fläche. Die Künstler von ZERO arbeiteten immer wieder mit dem Motiv des Kreises als Symbol der Leere und des Unendlichen. Die Verbundenheit zur Natur, inspiriert von der Leere des Zens, findet sich bei Piene in der Annahme, dass auch das Kunstwerk sich entwickeln muss, Prozessen unterworfen ist wie sie sich auch in der Natur finden. Künstlerisches Arbeiten entspricht bei Piene der Forschung über Farben, Verbrennungsvorgänge und später auch Luftbewegungen.

Der Galerist Will Kemp beschreibt Pienes Arbeitsprozess an den Feuerbildern: „[Er goss] ein dünnflüssiges, farbloses Fixativ auf die Stellen der Leinwand, die brennen sollten. Die Flüssigkeit zündete er mit einem Streichholz an. Dann hob er das Bild mit beiden Händen hoch. Er lenkte und dirigierte den Lauf der brennenden Flüssigkeit durch ein Neigen der Leinwand, um die Brand- und Rauchspuren an die gewünschten Stellen zu platzieren. Wenn die Flammen zu hoch loderten, warf er blitzschnell die Vorderseite des Bildes auf den Tisch, um die Flammen zu ersticken. Dieses Procedere wiederholte er mehrere Male, bis das Bild seinen Vorstellungen entsprach oder die Leinwand durchgebrannt war oder er es wegwerfen musste.“ [1]

Das Atelier als Labor und Raum für Experimente spielte für alle Künstler von ZERO eine große Rolle. Bei Otto Piene führte das Interesse an der Verbindung von Kunst, Technik und Wissenschaft nach der Auflösung von ZERO zu einem Fellowship am Center for Advanced Visual Studies, das 1967 am Massachusetts Institute for Technology (MIT) gegründet wurde und dessen Leitung Otto Piene 1967 übernahm. In der Tradition des Bauhauses und des Black Mountain Colleges stehend, setzte das C.A.V.S. seinen Fokus gemäß der Zeit auf neue Technologien. Das Center wurde zum Vorbild für Folgeinstitutionen wie dem Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe.

Der Bildhauer Norbert Kricke brachte Otto Pienes Bilder zum ersten Mal mit Lucio Fontana in Verbindung, dem ZERO später ein Environment auf der documenta III widmeten. „Er sagte: ‚Oh, das ist wie Fontana‘, und ich fragte damals noch, wer das sei. Aber als ich dann die Gemälde von Fontana sah, fand ich sie herrlich, und ich fühle mich heute noch geschmeichelt, wenn jemand mich mit Fontana vergleicht.“ [2]

Literaturverweise

[1] Piene im Gespräch, hrsg. von Jürgen Wilhelm, [München] 2014, S. 113.
[2] Ebd., S. 145.